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Man muss es vorleben

Das Problem zieht sich aus meiner Sicht ständig durch den E-Learning Bereich, wird aber meiner Meinung nach, nie angesprochen. Es fing schon bei meiner ersten Konferenz an, als ich noch naiv dachte, die wahren Experten, leben auch das, wovon sie sprechen und vor allem sie können es auch bedienen. Aber weit gefehlt, denn bis heute treffe ich ständig “Experten”, die mich immer wieder fragen, warum sie nicht erfolgreich E-Learning etablieren können und dann selbst das E-Learning nicht leben. Was ich meine ist, die Experten benutzen selbst die tollen Tools und Techniken nicht, die es wie Sand am Meer gibt.

Das fängt inzwischen bei den ganz einfachen Basics an, denn wer hat schon alles kein Smartphone oder ein Tablet, will aber trotzdem über Mobil-Learning diskutieren. Ich behaupte dann immer, man kann das nicht richtig erfassen, wenn man nicht selbst die Tücken aber auch die Potentiale dieser fabelhaften Wundergeräte erkundet hat. Die Antwort ist dann immer die gleiche. Man muss nicht jedes Gerät und Tool ausprobieren, um über die didaktischen Konzepte zu sprechen. Diese sind auf einer abstrakten Ebene und werden beschrieben und sind übertragbar.  Das mag  ja stimmen, doch wie soll ich denn diese innovativen E-Learning Szenarien verkaufen, wenn ich dem Professor gegenüber sitze, um dann mit Papier und Bleistift, Flipchart oder Kreidetafel die Szenarien beschreibe, aber er soll das mit Laptop, Tablet, Webkonferenz und Moodle machen? So kann ich nie jemanden überzeugen, denn der Mehwert ist ja nicht einmal für mich (der Experte) zu sehen, denn ich arbeite analog.

Das die E-Learnig Experten ihre Philosophie nicht leben, bemerkt man ständig. Auf Konferenzen twittern vielleicht 5-8 Prozent, einen Facebook Account haben vielleicht 50% und eine richtige digitale Identität  wahrscheinlich nur 20%. Tablets sind inzwischen verbreiteter, aber trotzdem in der Minderheit. Es geht aber weiter, denn bei Round Table Gesprächen, werden Flipcharts und diese Metaplaner (heissen die so?) genutzt, statt Mindmap und Beamer oder einem digital Whiteboard. Ergebnisse werden später vom Papier abgeschrieben (!!!) oder fotografiert (löbliche Ausnahme) und digital übertragen und meist dann noch per Datei (am liebsten PDF) mittels E-mail verteilt. Das man die Ergebnisse gleich online in ein Etherpad oder GoogleDocs schreiben könnte um dann später nur einen Link zu verteilen, kommt meist nicht in Frage. Trotzdem erzählen diese Experten bei den Workshops noch etwas von E-Learning, aber sie leben und arbeiten absolut analog.

Man kann das dann auch noch weiter vertiefen, denn wer schaut schon TV per Stream oder nutzt die Mediatheken? Wer liest seine Bücher auf einem E-Book-Reader oder wer hört seine Musik per Spotify statt CD? Wer navigiert per Karte und wer nutzt Open Street Map? Wer druckt aus und wer liest am Bildschirm?

Wenn ich diese Punkte zusammenfasse, müsste ich sagen, die wahren E-Learning Experten sind Nerds 🙂 Die leben das digitale Ich wirklich aus, haben von allen Trends und Techniken fundierte Kenntnisse, haben die neuste Hardware und können alles bedienen. Das aller verrückteste dabei ist dann, dass die meisten auch noch unbewusst sehr gute didaktische Kenntnisse haben. Wer außer den IT Nerds musste denn die letzten 20 Jahre den Pädagogen, Lehrer, Eltern und Freundinnen die ganze Technik erklären? Ja es sind diese blassen weltfremden Nerds (berühmt durch die Big Bang Theory), die einsam Pizza essend vor ihrer Playstation sitzen. Leider wissen die meisten Nerds nicht, dass sie diese Kenntnisse haben 🙂

Ich bin gespannt auf die nächsten Konferenzen, wo ich vielleicht einmal QR Codes sehe, Twitterwalls und einen Tagungsband als E-Book (nein kein PDF, sondern was vernünftiges) erhalte. Zum Glück ändert sich das langsam (die GMW dies Jahr war ein toller Anfang und die OER Konferenz in Berlin auch), aber vor Ort in den vielen kleinen Besprechungen und Medienzentren, wird nach wie vor analog gelebt. Es lebe der Drucker und die Flipcharts.

Rückblickend muss ich sagen, dass wir es bei uns es inzwischen geschafft haben, die E-Learning Konzepte auch für uns umzusetzen. Das hat lange gedauert, doch der große Erfolg war die Verteilung von Tablets an alle Mitarbeiter und der Implementierung eines Wikis für die interne Dokumentation. Ergänz wurde das  durch die ISO9001 Zertifizierung, die wir auch im Wiki gemacht haben. Inzwischen gibt es glücklicherweise  bei uns kaum noch Papierdiskussionen und Flipcharts, jeder hat Skype und informelle News werden per Google+ verteilt. Wir leben es inzwischen und das hilft ungemein und vielleicht liest das der eine oder andere auch einmal und stellt SEIN LEBEN etwas um und redet nicht nur über das digitale lernen.

3 Kommentare

  1. Pingback:Ergebnisse der Woche ab dem 2013-09-13 | Iron Blogger Kiel

  2. Anja Lorenz

    „Wer als Werkzeug nur einen Hammer hat, sieht in jedem Problem einen Nagel.“ (Paul Watzlawick)

    Ich stimme Dir absolut zu, dass Argumente wie “das haben wir immer so gemacht” oder “das ist doch jetzt zu viel Aufwand” oder “ehe wir uns da jetzt alle angemeldet haben” eigentlich kein Hindernis sein dürfen, digitale Medien einzusetzen, wenn diese besser geeignet sind. Wir haben ein tolles Microblogging-Tool an unserem Lehrstuhl (Communote), aber ich bin tw. die einzige, die es nutzt. Als Notizgrab, bspw. für Kurzprotokolle (es hat keine Zeichenbegrenzung ;)) oder als Massenmailverteiler. Warum nutzen die anderen das nicht? “Da muss ich dort auch noch nachgucken!” Hallo? RSS existierst nicht nur im Vorlesungsskript…!? Studierende haben meine Vorschäge zur gemeinsamen Vorlesungsmitschrift in Etherpads absolut nicht angenommen. Und so finde ich immer wieder Beispiele, bei denen Du mir hier total aus der Seele sprichst.

    ABER der Spruch wirkt auch in die andere Richtung. Ich habe in den letzten Jahren an vielen Stellen zu analogen Werkzeugen zurückgefunden, wenn sie denn sinnvoll sind. So habe ich für den SOOC13 in dem Präsenzworkshop neben Prezi auch mit Flipcharts gearbeitet http://www.sooc13.de/programm/prasenzphase/ und werde das dieses mal wieder tun. Auch in unserem GMW-Workshop hatten wir nach einem Input mit Prezi Flipcharts, mit denen wir gemeinsam Standpunkte erarbeitet haben http://www.sooc13.de/2013/09/11/mooc-burnout-der-sooc13-auf-der-gmw13/ Und das liegt nicht daran, dass wir das nicht anders könnten, bei unserem Abschluss-Workshop haben wir das per Adobe Connect und Etherpads gemacht http://www.sooc13.de/2013/07/19/nach-dem-sooc-ist-vor-dem-sooc-abschluss-und-neubeginn-im-wintersemester/ In einer Präsenzveranstaltung werden mit den Laptops aber gleich immer Barrieren zur Kooperation aufgebaut.

    Zudem muss man den Personen auch immer einige persönliche Vorlieben zugestehen. Nicht jeder kommt mit den vielen Informationen eines Twitter-Streams während einer Konferenz klar (zu L3T’s Work gibt es beispielsweise sehr wenig Tweets, weil es immer etwas zu tun gab http://storify.com/anjalorenz/l3t-s-work). Ebenso gehört zur Nutzung von Social Networks auch eine datenschutzrechtliche/informationshygienische Entscheidung (psst, ich habe keinen Facebook-Account). Letztendlich ist es auch ein wenig ästhetisches Empfinden, das reinzählt. So haben mich eBooks für den privaten Bereich bisher nicht überzeugt, auch Notizen mache ich lieber mit Papier und Stift (http://www.flickr.com/photos/anjalorenz/9313047067/ , fotografiere Sie dann mit Evernote ab und speichere sie weg ^^).

    Digitale Medien sind im E-Learning kein Allheilmittel. Mich nervt auch die Blendet-Learning-Wertigkeit in Trendreports, aber da haben sie doch oft recht. Was wir aber angehen können sollten ist die Vermeidung von besser geeigneten digitalen Medien aus (Zeit-)Kostengründen. Viele Übungen laufen bei uns “wie immer”, da dann weniger Zeit zur Vorbereitung gebraucht wird — was nicht schlimm ist, wann sollten wir sonst auf Konferenzen gehen 😉 Aber das sind die Projekte, wo ich mich wirklich freuen würde, wenn wir hier mehr machen könnten…

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