Es war letztes Jahr Anfang des Sommers als ich zufällig mal wieder eine Liste “Welche Apps würdest du auf eine einsame Insel mitnehmen?” entdeckt hatte. Wie immer checkte ich ganz kurz, ob ich all Apps kenne und siehe da, unter den üblich Verdächtigen, wie Facebook, Flipboard, YouTube und G+ entdeckte ich eine unbekannte namens Ingress. Hey, was ist denn das und natürlich hab ich das sofort gegoogelt (ich glaube das nennt der Fachmann intrinsische Motivation, ich nenn es Neugier). Wie immer hat mir die Wikipedia dann alles verraten.
“Ingress ist ein Augmented-Reality-Spiel von Google, welches von Niantic Labs entwickelt und herausgegeben wird. Es ist momentan nur für Android verfügbar.” Quelle Wikipedia Ingress (Spiel)
Meine grauen Zellen erinnerten sich dann, an ein paar Artikel, die ich mal gelesen hatte. Also beschloss ich, die App zu installieren und in der Mittagspause das einmal auszuprobieren. Ich hatte Glück, denn damals konnte man Ingress nur auf Einladung spielen, aber ich bekam eigentlich sofort nach der Registrierung eine Freischaltung und wusste nichts, von meinem Glück. Vielleicht lag es an meinem gut besuchten Google+ Account.
Nach einem kurzen Beginners Guide musste ich mich dann für eine Seite entscheiden. Die Frage hiess Enlighted (Frosch) oder Resistance (Schlumpf) und irgendwie gefiel mir das Wort Resistance besser und so wurde ich ein Schlumpf. Man muss dazu wissen, dass Enlighted im Spiel grün ist und die Resistance blau, daher auch die komischen Namen.
Ich will das Spiel jetzt nicht lang erklären, dazu gibt es genug andere Seiten im Netz. Ich verweise wie alle Ingress-Artikel auf die deutsche Standard-Anleitung “How not to suck at Ingress“, bestimmt eines der meistgelesenen Gdrive Dokumente Deutschlands, denn inzwischen spricht man von ungefähr einer Million Spieler weltweit.
Ingress teilt die Welt in zwei Lager und auf einer GoogleMaps ähnlichen Karte von der Welt muss man Portale (meist sind das bekannte Orte, wie Denkmäler, Statuen, historische Gebäude, öffentliche Orte oder auch Vodafone Shops) besuchen um diese zu “hacken”. Dann bekommt man Punkte und Gegenstände, damit kann man dann besser hacken und sich langsam hochspielen. Von Level 1 bis Level 8 geht das Spiel und dann ist vorerst das Ende erreicht. Man kann dann zwar weiterspielen, aber nicht mehr aufsteigen. Für Level 8 braucht man ohne Hilfe ungefähr 4-12 Wochen, wenn man täglich eine Stunde spielt. Das sind aber nur ungefähre Angaben, denn es kommt natürlich auf die Portal-Dichte in der Umgebung an. Bei uns auf dem Hochschulcampus gibt es ca 25 Portale, da geht das sehr schnell. Wohnt man jedoch auf einem Dorf und arbeitet auch dort, kann das aber sehr sehr lange dauern. mit anderen Worten, Ingress ist ein Stadtspiel.
Aber was macht die Faszination von Ingress aus?
Ingress hat mehrere geniale Ideen vereint:
- Man muss sich draussen bewegen. Man kann ein Portal nur haken, wenn man mindestens auf 40 Meter Entfernung ist. Außerdem sind die Portale mit Bild im Spiel abgebildet, z.B. das Brandenburger Tor oder die Reeperbahn, der Kölner Dom etc. und es gibt tolle Näherungsgeräusche (man sollte das Spiel auch mit Kopfhörer spielen, sonst wird man peinlich von Passanten (Muggels) angeschaut).
- Ab Level 4 kommt man nicht mehr alleine weiter. Um höhere Portale zu bauen braucht man bis zu 8 andere Personen. Man muss sich also vernetzen, damit man stärker wird.
- Es gibt inzwischen Badges (Orden) für bestimmte Aktionen, z.B. wenn man Portale baut, Resonatoren zerstört oder Felder baut und noch ganz viel mehr.
- Es gibt von Ingress Aktionen um koordinierte Aufgaben zu erfüllen. So reist Ingress von Ort zu Ort (London, Melbourne, Düsseldorf, New York etc.) und stellt jeder Stadt eine Aufgabe. Dann hat jede Fraktion 24 Stunden Zeit, diese Aufgabe als erstes zu erfüllen. Teilweise nehmen mehrere tausend Spieler an diesen Events teil.
- Fast jede größere Stadt hat Stammtische um sich zu koordinieren. Um z.B. bestimmte Felder zu bauen, entweder große oder besondere Formen sind Absprachen notwendig. Hier geistern dann plötzlich Ingress Gruppen durch die Stadt und baut munter drauf los.
Ich bin seit Oktober Level 8 und müsste eigentlich nicht mehr spielen, doch irgendwie lässt mich das Spiel trotzdem nicht los. Vielleicht liegt es daran, dass ich ein gutes Hausportal hab, was ich von der Wohnung aus haken kann, Dadurch hab ich immer genug Items und kann auch im Regen oder in der Kälte weitermachen. Vielleicht liegt es aber auch an der schönen netten Community in Lübeck, wo es etliche Stammtische und Aktionen gibt (die ich aber auch erst 2-3 mal besucht habe). Oder es liegt an diesen Badges…keine Ahnung wieso, aber mir funktioniert dieses Belohnungssystem sehr gut:-)
Natürlich hat Ingress aber auch einen sehr schönen Bezug zum E-Learning, denn die Badges sind gerade ein besonderes Forschungsfeld (alle die Computer Games spielen, müssten sich totlachen, da E-Learning ca. 20 Jahre bei Belohnungssystemen hinterherhinkt) aber auch das Community-Building ist sehr spannend und natürlich die Möglichkeiten der Vernetzung mit Smartphones. Ingress setzt hier wirklich Meilensteine, obwohl das Spiel nicht sehr komplex ist. Man kann gespannt sein, was mit dem Spiel noch passieren wird, wenn erst einmal Missionen oder eine dritte oder vierte Fraktion eingeführt werden. Was später dann mit Google Glass möglich sein wird, steht in den Sternen und schon fängt man an zu schwärmen.
Zum Schluss möchte ich noch einmal anmerken, was ich häufig von Offlinern gefragt wurde. warum spiel ich denn so ein Handy-Spiel, wenn ich doch auch was richtiges spielen könnte. Da kann ich inzwischen nur noch drauf antworten, dass man nicht mehr unterscheiden sollte zwischen digitalem und realem Leben. Mein Smartphone und dessen Daten und Möglichkeiten sind für mich genauso ein Leben, wie Joggen, Kino und Musikkonzerte. Ich unterscheide ja auch nicht zwischen Musik als MP3 und einer Vinyl-Platte. Beides ist Realität und ob Computerspiele Zeitverschwendung sind, ist eine gewagte Theorie, denn Skat, Monopoly oder Mensch ärgere dich nicht sind auch “nur” Spiele.
Ingress gibt es übrigens nur als Android App und funktioniert nur mit einem Google Account. Im laufe des Jahres soll aber ein iOS App erscheinen.
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