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Das Scheitern von OER oder auch nicht?

Mit diesem Artikel tu ich mir selbst weh, denn ich bin seit Jahren ein gnadenloser Verfechter von den Open Educational Ressources (OER) und habe selbst in etlichen OER Projekten aktiv mitgewirkt u.a. L3T, Schulbuch-O-Mat, Wikimedia Wissenspreis, dem MarketingMOOC und natürlich unsere LOOP-Plattform, wo wir auch den kompletten 5 CPS Kurs Computerarchitektur und Betriebssysteme unter der CC-BY Lizenz veröffentlicht haben. All diese Materialien wurden online gestellt und frei zum Remix gegeben und ich will mal alles aufzählen was damit gemacht worden ist, wo alles remixed und verbessert wurde und wer sich alles bedankt hat.

GÄHNENDE STILLE

Ja das ist quasi die traurige Wahrheit, denn eigentlich ist wirklich nichts Nennenswertes passiert. Natürlich haben wir(ich) Ruhm und Ehre erhalten, z.B. auf YouTube hat unsere OER-Reihe über 300.000 Klicks erhalten und das L3T 2.0 Buch hat 85.000 Downloads (das erste unglaubliche 280.000) aber wer hat denn mitgeholfen das Material nachhaltig zu verbessern oder wenigstens zu aktualisieren?

Leider muss man sagen, dass hinter jedem Projekt ein paar glorreiche Einzelkämpfer stecken, die ich immer gerne Jedi-Ritter nenne. Und diese Jedis machen quasi 90% der Arbeit allein. Es gibt eigentlich nur zwei Projekte weltweit, wo das Arbeiten der Massen funktioniert, nämlich die Wikipedia oder Open Street Map. Alle anderen Projekte haben zu kleine Massen um eine nachhaltige Community am Leben zu erhalten und auch diese Communities benötigen Hilfe um am Leben zu bleiben.

Früher dachte ich, naiv wie ich war, man müsste eigentlich nur mit einer Idee in die Crowd gehen und es entsteht etwas grossartiges und dies wird immer besser sein, als mein einzelnes Werk. Inzwischen weiss ich, dass aus der Community ohne Betreuung und Ansporn und vor allem ohne Führung gar nichts entsteht. Dann hab ich gedacht, man könne mit einem Werk z.B. einem Buch oder einem Wiki in die Community gehen und es würde wenigstens aktualisiert werden. Aber auch das passiert nicht, was man z.B. bei L3T sehen kann oder auch beim Schulbuch-O-Maten oder auch bei uns in der Virtuellen Fachhochschule. Was war die Angst groß, als wir die ersten LOOPs eingeführt haben und jeder dachte, gib den Studierenden bloss keine Schreibrechte. Keiner wird es schaffen, die ganzen Änderungen zu kontrollieren und da hat auch niemand Zeit für. Wir dürfen auf gar keinem Fall Studis Schreibrechte und wenn überhaupt, dann nur mit einem Kontrollsystem, sonst  schreiben die das ganze Skript um und niemand könne dann die wissenschaftliche Qualität garantieren.

Was dann passiert, ist sehr traurig, denn niemand hat irgendwas verbessert. Die paar Edits, die überhaupt passiert sind, haben sich ausschliesslich auf Rechtschreibfehler bezogen und ich hab von eine inhaltliche Änderung mitbekommen. Fakt ist, niemand ändert ein offenes Werk ohne Belohnung. Ich bin inzwischen überzeugt, dass wir all unsere Materialien frei ns Netz stellen könnten und niemand würde irgendwas machen. Aus der Crowd heraus ind intrinsisch motiviert, passiert fast gar nichts, auch wenn es jeden Tag tausende YouTube Videos über Katzen im Netz gibt.

Aber die Hoffnung stirbt ja zuletzt. Ein positives Beispiel ist mir diese Woche passiert. Wir haben für den neuen HanseMOOC doch tatsächlich 10 fantastische Quizzes bei LearningApps.org entdecken können. Die waren frei verfügbar und wir konnten sie ohne großen Aufwand in unseren Kurs als Embedded-Elements einbauen. Das ist wirklich einmal ein Highlight in meiner lange OER Karriere, die mich positiv überrascht hat und davon gibt es natürlich immer mehr, z.B. bei iTunesU oder auch bei Pixabay. Trotzdem bin ich immer noch davon überzeugt, dass große Werke, wie z.B. ein MOOC, ein Buch oder eine E-Lecture nicht aus dem Nichts kommen kann, sondern immer einer Förderung bedarf. Wir stehen gesellschaftlich noch ganz am Anfang und wenn ich ein Schulbuch-Verlag wäre, hätte ich vor OER wirklich keine Angst. Das begreift man aber erst, wenn man selber einmal OER gemacht hat und versteht, was für eine Arbeit das in Wirklichkeit ist.

PS Draft Version – Rechtschreibfehler dürft ihr behalten 🙂

3 Kommentare

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  2. Pingback:Ergebnisse der Woche ab dem 2014-09-26 - Iron Blogger Kiel

  3. Anja Lorenz

    Mimimi und so. Vor fast genau 2 Jahren hatten wir auf dem #ecil12 genau dieses Thema im Kontext von L3T: http://anjalorenz.wordpress.com/2012/10/24/ecil12-meine-session/ Schlüsselerkenntnis: Der Werksschutz hat die Nutzer kaputt gemacht. Bücher zerschneidet man nicht, die haben Experten geschrieben. Vielleicht fühlen die sich kritisiert? Wie oft haben wir denn den Profs eine Liste mit Rechtschreibfehlern auf ihren Slides geschickt… gar nicht (bzw. ich einmal, als wir dachten, dass ein ungekürzter Term etwas aussagen sollte, wir aber nicht dahinter kamen).

    Zweite eigene Erfahrung: Wiederverwendung ist schwierig. Wir haben das im SOOPAL versucht und uns manchmal gewünscht, wir hätten doch alles selbst erstellt. Und dabei hatte ich den Vorteil, dass ich die Contents kannte, die in einbauen will, die Kolleginnen mussten noch recherchieren, was wohl nicht immer leicht war.

    Schließlich fehlen hier eigentlich noch so etwas wie Pingbacks für OER, damit man die Wiederverwendung überhaupt bemerkt. Wie habt Ihr die LearningApps gefunden? Durch Zufall? Wer weiß, was da noch kursiert.

    Sicher fehlt in vielen Fällen einfach die kritische Masse und es ist sicher hilfreich, auf gut aufgestellte Plattformen zu setzen, bspw. das ZUM-Wiki. Gleichermaßen müsste man eigentlich auf OER-Marketing setzen. Die L3T-Kapitel sind immer mehr in Wikipedia-Artikel eingebaut, was zur Verbreitung immens beiträgt. Aber die Ressourcen hierfür sind oft nicht vorhanden.

    Dem Idealismus muss das aber nicht schaden. Wenn ich überlege, wie oft ich online (O)ER nutze und einsetze ohne groß Spuren zu hinterlassen, dann vertraue ich da einfach mal darauf, dass das umgekehrt genauso ist. Auf die PPT-Karaoke-Slides gibt es > 5000 Views: http://de.slideshare.net/anjalorenz/ppt-karaoke-free4all Wenn auch nur ein halbes Prozent den für die eigene Lehre verwendet und/oder daraus gelernt hat, dann reicht mir das (Lösung: 25 Stück). Wenn es nur 5 Personen sind, dann auch. Wie viele sind es denn bei Non-Open Educational Ressources?

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