Können Hochschulen überhaupt den digitalen Klimawandel überstehen? Um es kurz zu sagen, ich denke nein bzw. um es etwas abzumildern, es werden nicht alle sein. Ich vermute jedoch, dass die meisten nicht überleben und das gleiche wird auch für Schulen gelten.
Warum so radikal?
Der digitale Klimawandel erfordert Reformen und zwar in bestimmten Bereichen radikale Reformen. Man muss nur links und rechts schauen, um zu erkennen, was passieren kann, wenn man nicht schnell genug auf die Anforderungen reagiert. Man sieht die Medienindustrie, wo mit Netflix uns Spotify gerade neue Giganten entstehen, bei der Beförderung streiten sich MyTaxi und Uber um den Taxi-Nachfolger, Buchhandlungen und Reisebüros sterben werden merklich weniger und auch sichere analoge Industrien wie Automobile oder Lautsprecher müssen sich vor Tesla und Sonos in acht nehmen. Kennt noch jemand Nokia, Neckarmann und Quelle? Selbst Globetrotter, die wirklich fast alles richtig gemacht haben, müssen aufgeben, da sie alleine zu klein sind und man erinnert sich an Märklin und Löwe.
Das sind auf die schnelle wirklich viele Beispiele, doch interessant sind die neuen Player am Markt, die nicht auf Kompromisse setzen. Tesla hat keinen Hybrid-Antrieb und Sonos keine Kabel sondern Apps und WLAN. Immer musste etwas Neues enstehen, denn die alten Player waren nicht fähig sich zu ändern. In der Wirtschaft gehen diese Firmen entweder pleite, fusionieren oder werden aufgekauft aber was passiert bei staatlichen Systemen?
Hochschulen sind nur begrenzt reformfierbar. Die Strukturen sind konservativ, die Belegschaft überaltert und vor allem gibt es keinen Druck der Änderung. Hochschulen hängen am Tropf des Staates und werden daher immer funktionieren?
Nachtrag: Was auf die Schulen/Hochschulen in vielleicht 3-5 Jahren erwartet, erlebt heute schon die Zeitungsindustrie. Wolfgang Blau beschriebt die Probleme perfekt:
und Richard Gutjahr greift in seinem Blog den gleichen Faden auf „Sei der Erste oder sei der Beste – alles dazwischen braucht kein Mensch!“
Stimmt das jedoch wirklich?
Ich bin schon lange überzeugt, dass der digitale Tsunami keine Hörsäle in analogen Hochschulen überflüssig macht, aber es wird neben der alten löchrigen Landstraße Hochschulbildung ein neuer Highway entstehen, der parallel gebaut wird und wo es wirklich radikal neue technische und didaktische Angebote gibt. Was wird denn passieren, wenn Eltern oder Studierende plötzlich die Wahl haben, zwischen einer analogen Schule mit Kreidetafel und Schulbüchern mit Frontalunterricht oder Schulklassen mit Kleingruppen, Tablets und individuellen Lernwegen basierend auf Learning Analytics Daten. Die Schüler haben immer Zugriff auf Bibliotheken, Apps und Lehrfilme und können jederzeit Tutoren virtuell fragen oder in Präsenz gehen. Schulpläne sind natürlich auf die Arbeitszeiten der Eltern abgestimmt und jeder Schüler ist mit Lehrern, Eltern, Mitschülern und Tutoren vernetzt. Wenn das alles dann 200,- pro Kind im Monat kostet, können sich das leider nur reichere Familien leisten, aber das ist halt Marktwirtschaft und garantiert ist der Unterricht effektiver für beide Seiten.
Diese Lösungen sind natürlich heute noch Utopie, aber wie lange noch? Wann werden sie kommen? Ich vermute das wird 5-10 Jahre dauern, aber Schulen werden in 5 Jahren sicherlich immer noch kein WLAN haben aber Kinder Tablets nur nicht in der Schule. Pädagogen werden immer noch sagen, dass es nicht um Technik geht sondern um Kompetenzen und werden kleinere Klassen und mehr Geld fordern. Die Frage wird dann sein, ob der Staat diese Systeme weiter am Leben erhalten wird und ich bin überzeugt, dass es so sein wird (siehe Kohlepfennig und Werften). Der Markt wird jedoch auf die neuen Angebote schwenken, wo natürlich auch die besseren Lehrer hingehen. Das Alte kann sich nicht ändern, es muss etwas Neues entstehen, da der Wechsel viel zu schnell und viel zu radikal ist, als das staatliche Systeme mitmachen könnten.
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