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Der Circle von Dave Eggers – Ein Versuch einer Kritik

Zwei Jahre ist das kontroverse Buch „Der Circle“ von Dave Eggers jetzt alt und immer noch brandaktuell. Es geht um eine IT Firma aus dem Silicon Valley namen „Der Circle“, die eine Mischung aus Facebook, Google und Twitter ist. Der Circle ist eine der beliebtesten Arbeitgeber der Welt, hat eine sehr offene transparente Unternehmenskultur, eine hervorragendes Gesundheitssystem und steht für rasanten Fortschritt mittels aller Daten dieser Welt. Im Mittelpunkt steht eine junge Frau namens Mae, die dort neu anfängt und von Erfolg zu Erfolg eilt. Sie wird ein Social Media Star und hat Millionen von Followern in ihren Circles. Sie steht für die Offenheit und Transparenz und opfert selbst ihre Familie für diesen „Fortschritt“, den sie natürlich bitter bezahlen muss.

„Teilen ist Heilen“

Dave Eggers packt ein brisantes Thema an, was gerade in Deutschland sehr umstritten ist. Darf eine private Firma alles wissen? Was passiert, wenn eine Firma wirklich alles weiss und auch noch besser und schneller ist als der Staat, was ein Grundproblem der heutigen Demokratie ist? Darf man die Services dieser Firma nutzen, nur weil sie umsonst sind? Wie bezahlen doch mit unseren Daten. Das sind aktuelle Fragen, die sich jeder im Moment stellt, wenn er Google oder Facebook nutzt. Wir in Deutschland sind da sehr skeptisch und wir bestaunen die amerikanische Naivität. Die Amerikaner schütteln bei unserer „German Angst“ vor allem Digitalen nur mit dem Kopf und haben noch nicht einmal ein Wort für „Datenschutz“. Wer teilt tut Gutes, das ist das Motto vom Circle. Wer von seinen Partys, von seiner Freizeit berichtet, der lässt die Gemeinschaft teilhaben und meist kriegt man sehr viel mehr zurück, als man selber geben kann. Das ist die Grundphilosophie aller sozialen Netzwerke und Facebook hat weite über eine Milliarde Nutzer und ist damit extrem erfolgreich. Eggers überspitzt das Teilen und zeigt auch, was passiert, wenn man Krankheiten, Sexfilmchen oder ungefragt Geheimnisse teilt und hier bekommt das Buch Probleme.

„Alles Private ist Diebstahl“

Im „Der Circle“ werden unglaublich viele brisante Themen angeschnitten aber selten reflektiert ausdiskutiert. Die drei Weisen (die Firmengründer vom Circle) handeln wie ein binäres System. Es gibt keine Grauzonen. Man muss alles teilen, es muss alles offen sein, es gibt keine Privatheit. Und hier fehlt die nötige Gegenposition, denn natürlich braucht eine Beziehung Geheimnisse, wie soll man sonst seinen Partner überraschen und jeder hat in seinem Leben schon peinliche Momente erlebt, die keiner gerne erzählt. Ganz abgesehen von den ganzen Privatbereichen, die geschützt sein müssen, wie Frauenhäuser, Rechtsanwälte, Journalisten aber auch politische Verhandlungen, Forschung oder der gehasste Geheimdienst. Die totale Offenheit ist ein Mythos und keine Gesellschaft würde das akzeptieren, im Buch wird jedoch der Circle wie eine Sekte dargestellt, der alle folgen, selbst Politiker, Firmen, Künstler und Gewerkschaften. Es gibt keine Gegenstimmen und das macht das Buch unglaubwürdig. Die Gesellschaft ist in Wirklichkeit sehr viel weiter und auch Facebook, Google und Co, die hier heimlich auf der Anklagebank sitzen, würden dies nie einfordern, sondern ganz im Gegenteil. Alle Netzriesen haben in den letzten Jahren, dank der gesellschaftlichen Diskussion, auch dank dieses Buches und natürlich auch wegen Wikileaks und Snowden große Fortschritte gemacht.

„Geheimnisse sind Lügen.“

Bei vielen Sätzen aus dem Buch, muss ich an aktuelle gesellschaftliche Debatten denken, wie z.B. an TTIP, wo es keine Transparenz gibt und diese überall eingefordert wird. Hier ist das Buch sehr gut. Es zeigt auch die vielen Vorteile von Big Data, z.B. wenn man seine Krankenakte kennt oder wenn man verlorene Angehörige finden will oder neue Business Modelle, aber kaum wird die gute Seite gezeigt, wird auch schon mit dem Hammer raufgeschlagen. Dann werden naive Beispiele gebracht, wie der Verlust der Eltern oder ein banales Verbrechen wird als Überwachungsskandal ausgenutzt.

 

Der Circle von Dave Eggers
Dave Eggers – Der Circle (Quelle Kiwi Verlag http://www.kiwi-verlag.de/ifiles/cover/large/9783462046755.jpg)

Resüme

Dem Buch fehlen nicht nur die Grautöne, es fehlt auch Qualität. Insgesamt ist das Buch schrecklich langweilig geschrieben. Manche Sätze wirken so banal, als wären sie aus einem Schüleraufsatz geklaut. Einen Spannungsbogen habe ich nicht entdeckt und eine richtige Handlung auch nicht. Was „Der Circle“ wirklich will, bleibt im unklaren und das Buch kann sich nicht entscheiden, ob es eine Beziehung darstellen soll, eine Verschwörung oder die große Gefahr der digitalen Überwachung und so bleibt am Ende gar nichts richtiges übrig. Ich habe mich trotzdem tapfer 8 Wochen durch das Buch durchgequält, da sehr viele interessante Gedanken drin sind. Dave Eggers hat es wirklich geschafft, unheimlich in die nahe Zukunft zu blicken und viele Entwicklungen glaubhaft und dämonisierend darzustellen. Dazu muss man ihn uneingeschränkt loben. Trotzdem kann ich das Buch nicht weiterempfehlen und die Amazon Rezensionen und Wikipedia geben mir da auch recht.

Ausblick

Der Circle war trotzdem ein Riesenhit und wird natürlich verfilmt. Tom Hanks hat sich die Rechte gesichert und spielt neben Harry Potter Star Emma Watson die Hauptrolle. Der Film kann eigentlich nur besser werden, als das Buch. Die Story ist jedoch hochbrisant und aktuell. Dave Eggers hat in klein wenig das 1984 von George Orwell dreissig Jahre später wieder neu aufgelegt, was auch dringend nötig war. Hätte er bloss einen guten Lektor gehabt.

 

1 Kommentar

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