An einem Barcamp teilzunehmen ist eine wundervolle Geschichte, eines zu organisieren eine andere. Nachdem Kiel schon sieben Jahre ein Barcamp hat und Flensburg und St. Peter-Ording letztes Jahr gestartet sind, war Lübeck dieses Jahr quasi überfällig. Letztes Wochenende lief nun endlich das erste Lübecker Barcamp und ich will jetzt einmal etwas hinter die Kulissen blicken.
Warum haben wir das überhaupt gemacht?
Weil Lübeck als zweitgrößte Stadt mit fast 10.000 Studenten und drei Hochschulen das Potential für ein Barcamp hat und die Stadt eine bessere Sichtbarkeit der Digitalisierung dringend benötigt. Lübeck hat auch richtig gute IT-Firmen, viele Web-Agenturen, Medien und wir haben als eine der ersten Städte ein Co-Working-Space. Leider schlummert das alles unvernetzt einfach vor sich hin und das sollte geändert werden. Die Idee schwebte schon länger durch den Raum und ich glaube, damals im KoKi bei der Filmvorführung „Digital Nomads“ hat es den Anstoß gegeben (obwohl ich jetzt ne fünf Jahre alte Mail bekommen hab, dass wir 2011 schon was machen wollten, will man heute gar nicht mehr wissen). Danach ging es plötzlich ganz schnell und wir hatten ein Kernteam von knapp 10 Leuten und haben losgelegt.
Der Ort
Auch mit wenig Geld hat Lübeck etliche Locations, wo man ein Barcamp machen könnte. Es gibt die Hochschulen, VHS, etliche normale Schulen, die Mediadocks, Museen, die Gemeinnützige und das Cloudsters. Wir waren uns aber sehr schnell über den Ort einig und der Zeitpunkt mit dem ersten Weihnachtsmarkt-Wochenende war auch schnell gefunden, denn mit einem Reeperbahn-Bummel, wie beim Hamburger Barcamp, können wir nun wirklich nicht konkurrieren.
Das Geld
Sponsoren finden ist das A&O bei einem Barcamp. Wir hatten dies Jahr doppelt Glück, denn dank meiner Silicon Valley Reise, hatte ich gerade ein gutes Netzwerk kennengelernt und die Landesregierung fördert in Schleswig-Holstein dank der Digitalen Agenda ganz offiziell Barcamps. Damit hatten wir schon mal etwas Geld und konnten loslegen. Anderen Barcamps, wie Hamburg, geht gerade das Geld aus. Daher haben wir beim Konzept gleich daran gedacht, die Sponsoren in den Mittelpunkt zu rücken, da wir langfristige (typisch hanseatisch) Kontakte pflegen wollen. Lübeck ist übrigens eine Stadt mit einer der höchsten Stiftungsdichte Deutschlands, trotzdem konnten wir nicht eine gewinnen. Sei es drum, man fängt trotzdem ohne Finanzierung an alles zu recherchieren und zu mieten und zu planen und hofft dann auf Geld. So geht es wohl auch allen Firmengründern…
Die Kosten
Was kostet denn so ein Barcamp überhaupt? Das ist relativ einfach. Wie viele Gäste kommen? Jeder Gast kriegt zwei Frühstück, zwei Mittagessen und zweimal Kuchen. Dazu kommt noch einmal Alkohol, T-Shirt und ein Lanyard. Wir haben am Anfang mit 350 Gästen über zwei Tage kalkuliert. Bei 20 Euro pro Person, bräuchten wir also 7.000 Euro. Wir haben aber knapp 25,- pro Person gebraucht, da wir auch noch Geschirr, Kaffee und Getränke benötigt haben. Die Räume haben wir übers Sponsoring bekommen und viele Sachen durch Spenden (Müsli, Kaffeemaschine, Bier, etc.). Was noch ganz wichtig ist, man muss Rechnungen stellen können und braucht ein Konto. Da hat uns die IHK Lübeck helfen können. Insgesamt lagen wir also bei knapp 10.000 Euro. Da kann man aber viel variieren, denn T-Shirts sind zwar schön, aber es geht auch ohne.
Der Zeitaufwand
Das lässt sich schlecht schätzen und wir haben alles zum ersten mal gemacht. Wir haben uns über Basecamp organisiert, hatten GDrive Dokumente und am Ende eine WhatsApp-Gruppe. Anfangs haben wir uns dreimal in Präsenz getroffen, danach waren es Webkonferenzen. Bei mir hielt sich der Zeitaufwand in Grenzen und ich schätze, ich hab ca. 10-15 Stunden investiert. Die letzte Woche war dann viel los. Donnerstag ging es dann mit ca 5 Stunden Aufbau mit ca 15 Leuten los und Freitag war ich von 7:30 bis 23 Uhr unterwegs und SA von 7:30 bis 18:30 Uhr inkl. Abbau unterwegs. Da ich aber kein Auto habe, konnte ich viele Sachen nicht machen und hatte etwas Glück. Dafür habe ich viel Sponsoring gemacht. Aufgabenverteilung ist alles und bei uns hat das richtig gut geklappt.
Das Barcamp
Man waren wir nervös. Wir wussten gar nichts. Kommen überhaupt Leute? Wenn ja, wie viele? Wie viele Sessions werden gehalten? Reicht der Kaffee, ist die Beschilderung gut, berichtet die Presse?
Das letzte #barcamp des Jahres: @BarcampLuebeck. Dann erklimmen wir mal die Stufen. #bchl16 pic.twitter.com/zIyDO8gxNR
— Sourceboat (@sourceboat) November 25, 2016
Am ersten Tag hatten wir 180 Anmeldungen und es kamen dann ca. 130 und am zweiten Tag hatten wir 150 Anmeldungen und es kamen knapp 100. Wir hatten also unser Ziel von 200 Teilnehmern klar übertroffen, doch es kamen deutlich weniger als angemeldet. Dadurch hatten wir zu viel Essen und zu viele Shirts. Das übrige Essen haben wir der Heilsarmee gegeben und die Shirts werden Sammlerstücke 🙂
Und gerade die 100 geknackt.. nochmal schnell zum Frühstück und dann gehts los.. auf ein schönes #bchl16 pic.twitter.com/dZPISG6LGX
— Tobias Stahl (@sta_hl) November 25, 2016
Das Wunder
Als die erste Sessionplanung begann, ist ein kleines Wunder geschehen, denn ca. 60% das Saals sind aufgestanden und wollten Sessions anbieten. Unglaublich 🙂 Wir waren schlicht sprachlos und der digitale Sessionplan (auch ein Alleinstellungsmerkmal von Lübeck, bei Educamps ist das Standard), war nach knapp 25 Minuten voll. Das hatten wir alle noch nicht erlebt. Wir waren so begeistert 🙂
Rekordverdächtige Schlange bei der Sessionplanung des #BCHL16 pic.twitter.com/XHb2zgCn9t
— Carolina M. Koehn via @carolina@norden.social (@carolinakoehn) November 25, 2016
Und dann haben wir Geschichte geschrieben. Die Sessions waren fast alle gut (nur einer hat ne Werbesession angeboten und dafür nen Shitstorm geerntet) und es war eine richtig gute Stimmung. Das Cloudsters ist einfach gemütlich und verströmt eine sehr schöne Atmosphäre. Wir hatten schöne Sitzgruppen gebaut, die wirklich reichlich genutzt wurden. Alle haben geredet, genetztwerkt, sich ausgetauscht oder einfach diskutiert. Alle hatten unglaublich gute Laune und eilten von Sessions zu Sessions. Es war fast Magie 🙂
Auf die Mischung kommt es an und die Sessions waren gut gestreut. Es ging um Webseiten, Sketchnotes und Programmierung aber auch um die Kirche, Brexit und die Weiterbildung. Das besondere an Schleswig-Holstein ist die Nähe zur Politik. In St. Peter-Ording war MP Torsten Albig und bei uns Thomas Losse-Müller der Chef der Staatskanzlei.
…und es wird wichtig? Thomas Losse-Müller, Chef der Staatskanzlei, zur Digitalen Agenda SH! #bchl16 pic.twitter.com/Bkk8lbeJWT
— FabLab Lübeck (@FablabLuebeck) November 25, 2016
Abends haben wir noch das Fass angestochen, haben reichlich geschnackt und der harte Kern ist danach auf den Weihnachtsmarkt gegangen.
@cloudstersHL sticht gleich das Fass an. Toller Tag. Morgen wieder #bchl16 #cloudsters #coworking pic.twitter.com/zL6JPztng9
— Ines Langhorst (@ines_langhorst) November 25, 2016
Am Samstag waren wir nicht nur müde, nein es taten auch die Füße weh. Insgesamt war der Samstag jedoch sehr relaxet und ich konnte mir sogar zwei Sessions anschauen. Am Ende gab es eine sehr schöne Verabschiedung und wir hoffen alle, dass es nächstes Jahr wieder klappt.
https://twitter.com/grievedesign/status/802544779284324356
Fazit
Barcamps sind toll und es war gut, dass Lübeck jetzt auch eins hat. Wir wurden im Nachgang mit Lob überschüttet und diese Erinnerungen bleiben. Die schlaflose Woche und die Anstrengungen sind wie immer schnell vergessen. Auf Twitter hab ich 30 neue Follower 🙂 Der NDR war sogar da und die ersten Presseberichte trudeln ein. Wir werden uns jetzt noch einmal treffen und Fazit ziehen und dann Weihnachten geniessen. Ihr könnt noch einmal in diesem Storify das #bchl16 geniessen und wer Lust hat, nächstes Jahr zu helfen, der darf sich sehr gerne bei mir melden.
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